Kommunikation im öffentlichen Sektor

Seit Anfang 2018 leite ich den CAS Digital Public Services and Communication und unterrichte in diesem zum Thema digitale Kommunikation. Die erste Durch­führung des Lehrgangs ist Geschichte. Zeit für eine inhaltliche Retro­spektive und einen persönlichen Rückblick.

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Wer mich kennt, der weiss, ich tanze beruflich auf zwei Hoch­zeiten. Ich bin das, was man im Englischen einen Portfolio-Worker nennt: Neben meiner Selb­ständig­keit mit STIER UND BERGEN habe ich an der Fach­hoch­schule St. Gallen ein kleines Pensum als Lehr­­beauftragte. Zudem bin ich als Lehrgangs­­leiterin eines CAS tätig und doziere auch in diesem Weiter­­bildungs­­angebot.

Worum geht’s?

Der CAS Digital Public Services and Communication richtet sich an Akteure, die im Kontext public – Unternehmen im Sozial- oder Gesund­heits­wesen, Gemeinden, Verwaltung oder Nicht­regierungs­organisationen – digitale Services entwickeln und digitale Kommunikations­­­leistungen aufbauen möchten.

Technologische Innovationen und Service Design sind genauso inhaltlicher Gegen­­stand des Lehr­gangs wie Daten­­schutz und Medien­­recht, Social Media, Krisen­­­kommunikation und Community Building. Das Themen­feld ist breit. Denn die Heraus­forderungen, mit denen sich der öffentliche Sektor angesichts der Digitalisierung konfrontiert sieht, sind zahl­reich.

Neue Anforderungen

Welchen Einfluss die Digi­talisierung auf den öffentlichen Sektor hat, zeigt sich einer­seits in den steigenden Ansprüchen seitens Bevölkerung an die Kommunikations­­leistungen von Parteien oder Verbänden, Bibliotheken oder Schulen.

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Digitalisierung erfordert einen Kulturwechsel. Es muss unter anderem ein Verständnis dafür entwickelt werden, dass reine Top-down-Kommunikation passé ist.

Andererseits hat der Einsatz digital vernetzter Medien die Art und Weise unserer Kommunikation verändert sowie das Tempo sozialer Inter­­­aktionen und Kommunikations­­­­aktivitäten erhöht.

Über WhatsApp, Twitter oder Facebook lassen sich binnen weniger Sekunden Inhalte streuen, die unmittelbar ein grosses Publikum erreichen. Wir alle nutzen diese Kanäle und haben gleich­zeitig auch das Bedürfnis nach Echtzeit-Informationen. Aktualität und rasche Reaktions­­­zeiten werden deshalb je länger je mehr auch von Akteuren, die im öffentlichen Raum agieren, gefordert.

Die Mitmach-Bürger

Doch nicht nur das Tempo ist gestiegen. Im Austausch zwischen dem Staat oder der Verwaltung auf der einen Seite und der Bevölkerung auf der anderen Seite werden Transparenz, Kollaboration und Partizipation immer wichtiger.

Bürgerinnen und Bürger wünschen sich umfassende und voll­ständige Informationen, Befürworter von Open Data die Bereit­­stellung öffentlich zugänglicher Verwaltungs­daten. Auch will die Bevölkerung gehört werden und mitreden können. Und sie fordert substanzielle Mitgestaltungs­optionen. Gemeinden und Städte, die dies erkannt haben, involvieren ihre Ein­wohner­innen und Ein­­wohner immer öfters – digital oder analog – bei der Ideen-Generierung von Lösungen, welche die Gemein­schaft betreffen, beispiels­­­weise bei der Gestaltung öffentlicher Räume.

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Der neue Bürger möchte mittels aktiver Partizipation bei der Konzeption von Lösungen mitwirken. Diese Partizipation ist nur möglich, wenn Informationen umfassend und transparent sind.

Differenzierte Botschaften

Während in der Vermarktung von Produkten wie Konsum­gütern oftmals eine relativ homogene Zielgruppe angesprochen werden kann, sind die Adressaten von Gemeinden oder Museen, Parteien oder Bibliotheken ein Querschnitt durch die Gesellschaft und damit sehr viel heterogener. Auch sind die Ziele, die erreicht werden sollen – Partizipation, Mobilisierung, Sensibilisierung, Bildung –  anspruchsvoll. Dieser Diversität und Viel­schichtigkeit in Sachen Kommunikation gerecht zu werden ist es ebenfalls.

Die gute Nachricht: Die Vielfalt an digitalen und klassischen Kommunikations­­kanälen und deren Vernetzungs­möglichkeiten – Stichwort Crossmedia – erlauben eine differenzierte Ansprache. Wer sich damit auseinander­setzt, über welche Netzwerke und Kanäle man verschiedene Ziel- sowie Alters­gruppen am besten erreicht, kann ausgewählte Bot­schaften mit weniger Streu­verlusten gezielter platzieren.

Einen authentischen Dialog führen

Das Internet hat die Linien zwischen Absendern und Empfängern verwischt. Wir konsumieren schon lange nicht nur mehr nur, sondern drücken im Netz unsere eigenen Meinungen oder Ideen aus – inklusive Kritik.

Als Organisation mit der Öffentlichkeit in den Dialog zu treten, bedeutet auch sich negativen Stimmen aus­zu­setzen. Deshalb ist es entscheidend, dass Akteure im öffentlichen Sektor entsprechende Ressourcen stellen und sich das nötige Know-how für das Community Management aneignen.

Wer online zuhören kann, adäquat reagiert und sein Gegenüber ernst nimmt, schafft Vertrauen. Denn in der Inter­aktion mit Staat oder Verwaltung wollen sich Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr als Ver­waltete sehen, sondern als Partner wahrgenommen werden. Kommunikation muss heute ausgehend von authentischen Botschaften auf Augen­höhe erfolgen. Und damit diese Bot­schaften in der Informations­­flut ankommen, ist auch Ver­ständ­lich­keit zentral.

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Kommunikation auf Augenhöhe mit der Bevölkerung geht weit über die Informationspflicht von Staat und Verwaltung hinaus. Es braucht einen Dialog, der die Community einbindet.

Mehr Kommunikation. Mehr Arbeit.

Man kann es nicht schön­reden oder weg­diskutieren: Der Aufwand für Kommunikations­­­leistungen steigt. Die Gründe: Eine professionelle digitale Visiten­karte wird heute voraus­­gesetzt. Das Verlangen nach transparenten Informationen nimmt zu. Entscheide und Mass­nahmen müssen in der Öffentlich­keit – mehr denn je – kommuniziert und begründet werden. Wer zudem für Themen sensibilisieren und mobilisieren will, muss fortlaufend in seine Kommunikations­arbeit investieren.

Meine persönliche Bilanz

Die Öffentlichkeit verändert sich unter dem Einfluss der Digitalisierung. Neues Medien­­nutzungs- und Kom­munikations­­­verhalten führt zu neuen Ansprüchen. Kommunikation erfolgt nicht mehr top down – die Bevölkerung wird zum Co-Autor und Co-Creator. Sich all diesen Aspekten aus unter­­schiedlichen Pers­pek­tiven – einer politik­­­wissenschaftlichen, einer medien­­theoretischen und einer praxis­­­orientierten – sowie in unterschiedlichen Funktionen – als Lehrgangs­leiterin und Dozentin – nähern zu können, war für mich sehr lehr­- und aufschluss­reich.

Highlights: Denkarbeit und Diskurs

Den CAS inhaltlich und konzeptionell prägen zu dürfen, war rück­blickend einer der Höhe­punkte. Nicht zuletzt, weil ich von verschiedenen kreativen Mit­denkerinnen und -denkern unterstützt wurde und auf ein bereits gutes Ideen-Fundament aufbauen durfte.

Besonders bereichernd fand ich den inter­­disziplinären Austausch: zum einen mit den Kolleginnen und Kollegen, die gemeinsam mit mir in dieser Weiter­­bildung unterrichten. Zum andern mit den sehr interessierten Teil­­­nehmenden des Lehr­gangs, die aus Bildungs­­­institutionen und dem Gesundheits­­­sektor, einer Gemeinde und einer kantonalen Einrichtung kamen oder in der Beratung tätig sind.

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Theoretisches Wissen und Praxiserfahrungen teilen: Im Austausch mit den Teilnehmenden und dem Lehrkollegium habe ich viel dazugelernt.

Hürden: Fokus und Multitasking

Die wohl grösste Heraus­­forderung war, die Ausdauer und den Fokus in diesem Marathon von Meetings, Mails, Telefon­­­gesprächen, Konzept­­­papieren, Networking, Akquise, Recherche und Unterrichts­­vorbereitung zu behalten.

In Anbetracht dessen, dass ich parallel selbst Weiter­­­bildungen besuchte (eine davon war der Intensiv­kurs zur Social Media Managerin) sowie über mehrere Monate hinweg unter anderem ein grösseres Filmprojekt und ein anspruchs­volles Webprojekt begleitete, war das nicht immer einfach.

Fazit

Wie beurteile ich die Durch­­führung des ersten CAS Digital Public Services and Communication sowie meine Aufgaben und Inhalte abschliessend?

Auf organisatorischer Ebene?

Intensiv. Zwischen meiner Zusage, die Lehrgangs­­­leitung zu übernehmen und im CAS zu unterrichten, sowie dem Apero – im Mai 2019 durfte ich mit den Teil­­nehmenden der ersten Durch­­führung auf den erfolg­­reichen Abschluss anstossen – lagen knapp 17 Monate. Das ist eine – Pardon my French – verdammt lange Zeit, sich in einem Projekt zu beteiligen. Zumindest in meinem Arbeits­­alltag. Der Initial­­­aufwand für die konzeptionelle und inhaltliche Entwicklung war ausgesprochen hoch. Doch die vielen positiven Rück­­­meldungen zeigen: Es hat sich gelohnt.

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Der öffentliche Sektor wird sich der Dringlichkeit digitaler Services und digitaler Kommunikation je länger je mehr bewusst. Dies spiegelt sich auch in den Erwartungen der CAS-Teilnehmenden: Gefragt ist Wissen, das sich direkt in die Praxis transferieren lässt.

Auf inhaltlicher Ebene?

Dringlich. Die Mitentwicklung und Leitung dieses Lehr­gangs, das Vor­bereiten meiner Unterrichts­­inhalte und das Lehren im CAS haben mir immer wieder vor Augen geführt, wie wichtig die behandelten und von den Teilnehmenden eingebrachten Themen und Frage­stellungen sind.

Der öffentliche Sektor hat ein enormes Potenzial bei der Ent­wicklung von digital public services und digitalen Kommunikations­­­leistungen. Nicht nur, um Bürgerinnen und Bürgern etwas bieten zu können und das Mit­einander zu vereinfachen. Digitale Tools helfen auch intern, Prozesse zu vereinfachen und die Effizienz zu erhöhen.

Genauso viel Potenzial birgt das professionelle Be­spielen digitaler Kanäle. Ein offener Dialog schafft nicht nur Vertrauen, er kann beispiels­weise für Gemeinden auch ein Standort­­vorteil sein. Digitale Medien bieten die Chance, für Themen zu sensibilisieren oder gesellschaftlich relevante Kampagnen zu lancieren. Und diese Instrumente sowie die damit geschaffenen Partizipations­­möglichkeiten erhalten in einer digitalen Gesell­schaft und Demokratie immer mehr Legitimität.

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Donato Caspari hat im November 2018 den Auftakt im ersten CAS Digital Public Services and Communication fotografisch festgehalten.